Giftschlangen in Main-Spessart?

Im Sommer werden im Landkreis immer wieder Schlangen gesichtet. – Da werden Urängste wach, und manch einer erschlägt dem kühnen Siegfried ähnlich das Untier. Mit ihrer Pressemitteilung möchte die Kreisgruppe Main-Spessart des Bund Naturschutz in Bayern e. V. (BN) mit dazu beitragen, Vorurteile und Ängste abzubauen und Verständnis für unsere drei heimischen Schlangenarten zu wecken.



Junge Ringelnatter auf einem Waldweg                                                       Foto: BN-Kreisgruppe


Welche Schlangen gibt es denn bei uns?
Die häufigste „Schlange“ ist gar keine Schlange – sie hat nur Ähnlichkeit mit einer Schlange; es ist die Blindschleiche, eine beinlose Eidechse. Nach Art der Eidechsen hat das Tier einen langen Schwanz, der leicht abbricht und als Stummel wieder ergänzt wird.
Die Farbe wird als „blaugrau bis graubraun, zuweilen bronzefarben, seltener schwarzbraun, oft mit feiner Mittellinie“ beschrieben (MERTENS, Kriechtiere und Lurche). Die glatten Schuppen glänzen oft und führten zum Namen Blendschleiche = Blindschleiche. Blindschleichen fehlt die sprichwörtliche schlangenartige Beweglichkeit. Sie sind recht langsam und können ihren Körper auch nicht aufrichten. Das Tier völlig harmlose Tier wird höchstens 50 cm lang. In Gärten mit Komposthaufen, Laub- und Reisighaufen ist sie häufig anzutreffen. Blindschleichen ernähren sich bevorzugt von Schnecken, Regenwürmern, Heuschrecken, Asseln und Spinnen.
An den sonnigen Hängen tritt immer wieder die Glatt- bzw. Schlingnatter auf. Die Oberseite ist beim Weibchen grau, beim Männchen braun. Beide Geschlechter tragen noch schwarze Punkte, die bei manchen Exemplaren zu Bändern verschmelzen. Damit ähnelt das Reptil der berüchtigten Kreuzotter und wird deshalb oft mit ihr verwechselt. Fängt man das Tier, so beißt es oft zu. Die Zähnchen sind aber so klein, dass sie die Haut kaum durchdringen. Giftig ist diese Schlange nicht. Lässt man es zu, so kann diese Würgeschlange (Name!) den Unterarm umschlingen und drückt mit erstaunlicher Kraft zu. Um einen Angreifer abzuwehren, verspritzt die Schlingnatter im Notfall eine übelriechende Flüssigkeit. Die Schlingnatter erreicht eine Länge von 80–90 cm. Sie ernährt sich von Eidechsen, Kleinsäugern, Insekten, Würmern und Raupen.
Je länger eine Schlange ist, desto harmloser ist sie. Dies gilt besonders für die Ringelnatter. Ein Weibchen dieser Art kann leicht 1,5 m Länge erreichen. Das Männchen wird immer noch 1 m lang. Ringelnattern halten sich gern an oder in Gewässern auf. Die meisten unserer Gärten bieten diesen Reptilien daher keine geeigneten Lebensbedingungen. Am oder im Wasser erbeuten die Tiere Frösche, Molche oder Fische. Entdeckt man eine schwimmende oder tauchende Schlange, so handelt es sich mit größter Wahrscheinlichkeit um eine Ringelnatter.
Die Oberseite des Tieres ist grau gefärbt mit kleinen schwarzen Punkten; niemals zeigt sie dunkle Linien oder Bänder. Ein besonderes Kennzeichen sind die gelben oder weißen Halbmonde seitlich am Kopf. Fängt man das Tier, so zischt es bedrohlich und stößt mit dem Kopf, beißt aber nicht. Zur Abwehr kann es wie die Schlingnatter eine Stinkdrüse entleeren.

Wie steht es nun mit der gefürchteten Kreuzotter? Sie ist die einzige giftige Schlange in unseren Breiten. Auch Jungtiere verfügen bereits über einen Giftbiss. In der Fachliteratur ist jedoch seit Jahrzehnten kein Fall bekannt, bei dem es zu einem Todesfall durch einen Biss der Kreuzotter gekommen wäre. Die Schlange wehrt sich nur durch einen Biss, wenn man sie angreift oder ihr zu nahe kommt. Die Kreuzotter erreicht selten eine Länge von 70 cm. Sie ist aber gedrungen. Der kurze Schwanz hebt sich deutlich vom übrigen Körper ab. Die Farben variieren zwischen grau, graubraun, gelb- oder rotbraun. Häufig befindet sich ein charakteristisches Zickzackband auf dem Rücken und ein schräges Kreuz auf dem Kopf (Name!). Es kommen aber auch ganz schwarze Tiere vor. Die Nahrung der Kreuzotter besteht vorwiegend aus Mäusen, Fröschen und Eidechsen. Sie ist die seltenste Schlange in MSP. Viele Naturfreunde im Landkreis, die regelmäßig in der Natur unterwegs sind, hatten noch nicht das Glück, einmal eine Kreuzotter zu beobachten. Nach der aktuellen Schriftenreihe „Flora und Fauna im Landkreis Main-Spessart“, herausgegeben vom gemeinsamen „Arbeitskreis Biotop- und Artenschutz“ der Kreisgruppen des Landesbund für Vogelschutz e. V. und des Bund Naturschutz in Bayern e. V., beschränken sich die aktuelleren Nachweise auf wenige Fundorte, ausschließlich im Nordwesten des Landkreises im Spessartwald. Jahrzehnte zurückliegende Beobachtungen sind beispielsweise für die Gegend um Gemünden und Lohr bekannt.

Angst vor Schlangen ist in Main-Spessart somit unbegründet. Unsere heimischen Schlangen sind allesamt nicht aggressiv und versuchen, vor dem Menschen zu fliehen. Eine Schlange anzutreffen, sollte man nach Ansicht der Naturfreunde als seltenen Glücksfall betrachten. Es versteht sich von selbst, dem Tier nicht nachzustellen. Hin und wieder können Radfahrer eine Ringelnatter, seltener eine Schlingnatter, auf einem Radweg entdecken. Wie alle Reptilien ist die Ringelnatter wechselwarm. Sie nutzt den warmen Untergrund, um Energie zu tanken. Hier sollte man versuchen, das Tier behutsam zum Verlassen des Weges zu bewegen, damit es nicht überfahren wird. Alle heimischen Reptilienarten sind nach der Artenschutzverordnung besonders geschützt.