Otto I.
(Heiliges Römisches Reich), der Große (912-973), König
(seit 936), Kaiser des Heiligen Römischen Reiches (962-973), Sohn
König Heinrichs I. Von seinem Vater war Otto zum Nachfolger designiert
worden; nach Heinrichs Tod erhoben Adel und Klerus am 7.August 936 Otto
zum König, er wurde in Aachen gekrönt und gesalbt und auf dem
Thron Karls des Großen eingesetzt.
In seinen ersten Regierungsjahren hatte sich Otto mit den Herzögen
von Franken, Bayern und Lothringen sowie seinem Halbbruder Thankmar und
seinem jüngeren Bruder Heinrich auseinander zu setzen. Die Herzöge
opponierten gegen den Ausbau der königlichen Autorität, die ihre
überkommenen Rechte einschränkte und sie aus der Reichspolitik
verdrängte; Ottos Brüder kämpften gegen die neue, von der
fränkischen Tradition der Reichsteilung abweichende Thronfolgeregelung;
sie kämpften gegen die Individualsukzession und die Unteilbarkeit
des Reiches. Otto konnte die Aufstände der Herzöge und der eigenen
Brüder niederwerfen und anschließend im Reich eine Neuordnung
durchführen: Das Herzogtum Franken unterstellte Otto nun direkt der
Krone, das Herzogtum Lothringen vergab er an seinen Schwiegersohn Konrad
den Roten (944), Bayern an seinen Bruder Heinrich, mit dem er sich wieder
ausgesöhnt hatte (948), und Schwaben an seinen Sohn Liudolf (949);
Sachsen war das Hausgut des Königs. Somit standen alle Herzogtümer
im Reich in enger, dynastischer Verbindung zum König.
Im Westen des Reiches erkannte der burgundische König die Lehenshoheit
Ottos an; im Osten sicherte Otto die Grenzen durch die Errichtung von Marken
und von Bistümern zur Slawenmission (u.a. Erzbistum Magdeburg 968).
951 unternahm Otto seinen ersten Italienzug. Adelheid, die Witwe des langobardischen
Königs Lothar II., hatte ihn zu Hilfe gerufen gegen Markgraf Berengar
von Ivrea, der das Königreich usurpiert hatte. Otto überwand
Berengar, wurde selbst König der Langobarden, überließ
jedoch die Verwaltung seines neuen Königreiches Berengar als seinem
Vasallen und heiratete in zweiter Ehe Adelheid (in erster Ehe war Otto
mit Editha, der Tochter des angelsächsischen Königs Athelstan
verheiratet gewesen).
Ottos Sohn Liudolf, der Herzog von Schwaben, fürchtete durch die
zweite Ehe seines Vaters um seine Stellung als Thronfolger und erhob sich
zusammen mit seinem Schwager, Herzog Konrad dem Roten von Lothringen, gegen
Otto. 954 hatte Otto die Aufständischen unterworfen und erklärte
sie ihrer Herzogtümer für verlustig. Ottos Familienpolitik war
gescheitert; jetzt zog er die Reichskirche als Stütze seiner Herrschaft
heran, wobei er die entscheidenden Positionen erneut mit Familienmitgliedern
besetzte und ihnen umfangreiche weltliche Gewalt verlieh: Seinen Bruder
Bruno setzte er als Erzbischof von Köln ein und übergab ihm das
Herzogtum Lothringen zur Verwaltung, und seinen unehelichen Sohn Wilhelm
machte er zum Erzbischof von Mainz. Am 10. August 955 gelang es Otto, die
Ungarn, die immer wieder im Reich eingefallen waren, auf dem Lechfeld bei
Augsburg entscheidend zu schlagen und so von weiteren Übergriffen
auf das Reich abzuhalten.
961 zog Otto erneut nach Italien; diesmal hatte ihn der Papst gegen
Berengar, der den Kirchenstaat bedrohte, zu Hilfe gerufen. Am 2. Februar
962 wurde Otto in Rom von Papst Johannes XII. zum Kaiser gekrönt. Damit
knüpfte er an die Tradition des karolingischen Kaisertums und dessen
Schutzherrschaft über die Kirche an und begründete die Tradition
der Bindung der Kaiserkrone an das deutsche Königtum und der Ausrichtung
der Reichspolitik nach Italien. Die Erneuerung des Kaisertums im Westen
führte jedoch zu Spannungen mit dem byzantinischen Kaisertum im Osten,
die noch dadurch verstärkt wurden, dass Otto auf seinem dritten Italienzug
(966-972) in Süditalien byzantinische Interessen verletzte. Der Konflikt
mit Byzanz wurde gelöst u.a. durch die Ehe von Ottos Sohn und Mitkaiser
Otto II. mit der byzantinischen Prinzessin Theophano, einer Verwandten Kaiser
Johannes I. Tzimiskes; Byzanz erkannte das Kaisertum im Westen an.